Chinesische Kleinstadt

Kaum bin ich hier angekommen, hat die Zeit zu rasen begonnen. Immer, wenn ich in Gedanken an diesem Beitrag geschrieben habe, wollte ich ihn mit etwas in der Art „Ich schreibe ziemlich häufig zur Zeit, das wird sicher nicht so bleiben…“ beginnen. Das ist nun wohl hinfällig. Um den Blog ein wenig zu gliedern, versuche ich einzelne größere Themen in längeren Beiträgen abzuarbeiten. Abgesehen davon geht’s mir gut, langsam gewöhnt man sich an all die neuen Dinge. Aber nun hereinspaziert zu „Chinesische Städte für Anfänger“.

Zhuhai ist groß und faszinierend. gerade in den ersten Tagen konnte ich mich kaum satt sehen an den vielen Kleinigkeiten und Unterschieden. Was mir auf der Fahrt vom Flughafen aus aufgefallen ist, war eine gewisse Unstimmigkeit in der Infrastruktur. Zum einen merkt man, dass China technologisch weit fortgeschritten ist. Überall in der Stadt blinkt einem hochmoderne Leuchtreklame mit LEDs entgegen, auch die Straßen sind gut ausgeleuchtet, die Schnellstraße vom Flughafen zum Hotel strahlte in reinstem weiß. Wenn man das trübe gelb deutscher Straßenbeleuchtungen gewohnt ist, wirkt es hier schon etwas fortgeschrittener. Gleichzeitig fahren auch eine Menge moderner Autos durch die Straßen. Sehr beliebt sind auch deutsche Fabrikate, BMW, Mercedes und vor allem Volkswagen sieht man hier sehr häufig.

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Neben den modernen Autos sieht man aber auch häufig solche und ähnliche Wägelchen, gern auch mal mitten im Gegenverkehr

Auf der anderen Seite sieht man neben den modernen Autos auch häufig solche Gefährte auf den Straßen

Auf der anderen Seite sieht man neben den modernen Autos auch häufig solche Gefährte auf den Straßen

Gleichzeitig scheint ein Teil der Stadt auch in der Zeit stecken geblieben zu sein. Immer wieder sieht man klapprige Mofas oder mindestens 30 Jahre alte Fahrräder und die Straßen werden mit handgemachten Reisigbesen gekehrt. Baugerüste sind zwar aus Metall gefertigt, man sieht ihnen jedoch deutlich an, dass die Systematik auf Bambusbauten beruht.

Größenverhältnisse

Das der Begriff Kleinstadt nicht universell ist, wird einem hier rasch klar.Für mich als Hannoveraner ist sowieso alles mit mehr als einer Hand voll Hochhäuser gewaltig (Hannover selbst ist jedenfalls eindeutig Weltstadt!) Aber zurück nach China: Zhuhai hat im Moment knapp 1,56 Millionen Einwohner, auf einer Fläche von 1,653 Quadratkilometern. In Deutschland läge Zhuhai damit noch vor München auf Platz 3 der größten Städte.  Gestern erzählte mir dann eine junge Chinesin, dass ihr die Stadt zu klein sei, sie würde lieber etwas nördlich von hier in einer Metropole mit rund 12 Millionen Einwohnern wohnen.

Zhuhai ist als Stadt noch lange nicht fertig gewachsen: vor 15 Jahren lebten hier halb so viele Menschen wie heute. Das schlägt sich auch im Stadtbild nieder: Es ist wirklich schwer, hier Orte ohne Baustellen zu finden. Alles ist voller Baukräne und Bagger. Bauarbeiter sind ebenfalls vor Ort, die Sicherheitsstandards sind hier jedoch ein wenig anders. Schuhwerk wird überschätzt und Betonlaster eignen sich wunderbar, um oben mitzufahren.

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Und wozu sollte man an einer Stelle nur ein Hochhaus bauen, wenn man sechs haben kann?

Verkehr

Beim Verkehrssystem hat sich die chinesische Regierung übrigens vom deutschen bzw. europäischen System inspirieren lassen. Kreisverkehre, Zebrastreifen und generell Fahrspuren sind jedenfalls vorhanden. Der Umgang damit ist aber durchaus kreativ.

Bei der Ausübung zeigen sich dann aber diverse Unterschiede. Kreisel werden durchaus meistens im Kreis befahren. Wenn man jedoch beispielsweise in die Richtung möchte, aus der man gekommen ist, ist es doch viel logischer, einfach nach links zu fahren! Oder geradeaus drüber! Oder quer über alle Spuren hinweg! Ich bin froh, dass mein Führerschein hier nicht gilt.

Die Zebrastreifen sind dann noch mal ein Abenteuer für sich und wecken mich morgens, wenn ich das Hotel verlasse, endgültig auf. Bleibt ein Fußgänger an einem Überweg (bei uns vorm Hotel über 5 Spuren) stehen, gilt das keineswegs als Aufforderung an die Autos, anzuhalten. Vielmehr wird nach einer Lücke im Verkehr gesucht, sodass bei der Überquerung gerne auch mal Autos vor- und hinter einem entlang rasen (zumindest langsamer zu fahren wäre ja langweilig). Besser ist es, wenn man in Gruppen ab 5 Mann aufwärts los läuft. Chinesische Autofahrer sind zumindest vorsichtig genug, um dann zu Bremsen und größere Blutbäder zu verhindern.

Das System hat aber durchaus auch Vorteile. Dadurch, dass sich die Fußgänger ihren Weg selbst suchen, gerät der Verkehr gefühlt weniger in Stocken als bei z.B. großen Überwegen in Deutschland. Und gerade an unübersichtlichen Kreuzungen, wo Autos aus mehreren Richtungen kommen können, sind immer auch Ampeln installiert.

Bergsteigen

Obwohl es hier eine Menge Bauarbeiten gibt, finden sich hin und wieder auch kleine Parks, zudem sind die meisten Straßen mit Palmen besäumt. Unweit unseres Hotels gibt es schließlich einen kleinen Berg (Also für Hannoveraner Verhältnisse einen wirklichen Berg). Hier findet sich eine Treppe mit genau 1999 Stufen, die wir letzte Woche erklommen haben. 1999 deswegen, weil in diesem Jahr Macau, das an Zhuhai angrenzt, wieder an China angegliedert wurde. Oben angekommen hat man dann einen tollen Blick über die Stadt. Im selben Moment hat es stark zu regnen begonnen, sodass wir plitschnass wieder im Hotel ankamen.

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Einen ähnlichen Blick hat man in alle Richtungen. Hier kann man aber ganz gut mein Hotel erkennen, es ist das eher kleine gelbe in der linken oberen Mitte und hat nur 15 Stockwerke.

Kurz zum technischen: Wie man hier anständig Bilder einbindet, habe ich noch nicht rausgefunden. Gerade fürs Hochformat kann man sich aber zunächst mit Rechtsklick -> „Bild in neuem Tab öffnen“ behelfen.

So, das war es nun erstmal. Viele Grüße in die Heimat, vielleicht gibt’s nächste Woche schon Neues zu erzählen.

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